Aktualisiert 13.03.2011

Frachter MS. POLLUX

Claus Pichlo

Preiswerter Modellbau mit „einfachen“ Mitteln aber hohem Anspruch.
Am Beispiel des kleinen Neptun – Frachters MS. POLLUX, einem Stückgutfrachter aus der ersten Nachkriegszeit (Baujahr 1953 – 1983 abgewrackt), als den Deutschen der Bau und Betrieb von größeren Kauffahrteischiffen wieder gestattet war, kann gezeigt werden, dass ein sehr preiswerter Modellbau möglich ist, der hohe Ansprüche erfüllt.
Dabei hat der Autor wieder einmal auf einen Baustoff zurückgegriffen den er in einer Zeit für sich entdeckt hatte, als das Wort Taschengeld noch ein Fremdwort und Improvisieren eine Tugend war.


Die „Vorlage“, MS. POLLUX, DG Neptun Bremen, 1161 BRT/1602 tdw, 80,01m - 11,80m – 4,32m, 13 kn, 19 Crew, 9 Pass., 1953 bei Unterweser, Bau Nr. 360.
Das Schiff machte während seiner Zeit als Frachter unter deutscher Flagge Mittelmeerreisen und war als Forschungsschiff für die PRAKLA zweimal für längere Zeit in der Südsee. Eine dieser achtmonatigen Reisen machte der Autor 1966 als Bootsmann unter Kapt. J. Poppen mit. Die POLLUX war ein wunderschöner kleiner Frachter und ein hervorragendes Seeschiff. Die Passagiereinrichtungen waren gediegen und „schiffig“. Es war eine reine Freude mit diesem Schiff die Südsee zu befahren, auch ohne Aircondition!

Der „Bauplan“

Außerdem war in der Nachkriegszeit (in der sog. armen Zeit) weder an die heutige ungeheuere Vielfalt an Modellbauzubehör und Spezialwerkzeug zu denken noch an Baupläne in ausreichender Auswahl.

Also zeichnete man sich seine Pläne selbst oder griff auf „Pläne“ zurück, die es damals schon preiswert in mäßiger Auswahl gab – unter anderen die Modellbaubogen für den Karton-Modellbau.

Das gesamte Werkzeug

Denn diese auf Karton gedruckten Einzelteile des Modells im M. 1:250 ließen sich ja auch leicht in jeden beliebigen Maßstab vergrößern und in jedem beliebigen Werkstoff ausführen. Verfeinerungen und Verbesserungen waren eine Selbstverständlichkeit!

Die Abwickelungen der einzelnen Bauteile konnten so leicht in dickerem Karton, als der aus denen die Modellbaubögen bestanden, hergestellt werden. Und genauso aber auch aus dem damals kostenlos zur Verfügung stehenden Weißblech (Dosenblech) oder gar aus anderen, dann aber unerschwinglich teueren Blechen aus Buntmetall.

Fehlt nur die Laubsäge für den Rettungsbootbau. Statt UHU Alleskleber eignet sich noch besser weißer schnelltrocknender Holzleim ohne Lösungsmittel.

Gute Arbeit erfordert gutes Werkzeug

Selbst für Modelle die schwimmen sollten, verwendete der Autor damals als kleiner Junge Karton (schlicht Pappe) der mit mehreren Schichten Ölfarbe überzogen wurde und immerhin eine längere Zeit dem Wasser standhielt.

(ein selbstgebauter Blechpropeller und ein PKW-Scheibenwischermotor vom Schrottplatz bildete den Antrieb, Fahrrad-Ventilgummi die Kupplung).

Die „Malerwerkstatt“

Für Standmodelle, deren Originale aus Stahl gebaut waren, eignet sich Karton, neben Plastikplatten, besonders auch heute immer noch hervorragend. Die Auswahl zwischen den einzelnen Kartonsorten und Stärken ist groß.

Und preiswert ist der Werkstoff immer noch, im Vergleich zu anderen Werkstoffen. Auch die kostenlose Beschaffung von Karton dürfte kein Problem sein! Der Verpackungsmüll wächst uns ja über den Kopf.

Der Werkstoff

Andere wichtige Gesichtspunkte die für den Werkstoff Karton (Pappe) sprechen ist der sehr geringe Werkzeugbedarf, die saubere Verarbeitung und der geringe Platzbedarf für die „Helling“.

Im hier gezeigten Beispiel reichte der Schreibtisch voll und ganz.

Die „Helling“ – verwindungsfrei

Im Falle der POLLUX diente der Modellbaubogen als „Vorlage“. Er wurde auf den Maßstab 1:100 vergrößert.

Das geht im Copyshop oder zu Hause am PC mit Scanner und Kopierer. Wem es Spaß macht, der zeichnet sich die einzelnen Abwicklungen gleich auf den Werkstoff auf und braucht dann überhaupt keine Elektronik.

Kartonbau, einfach, sauber und unkompliziert in der Verarbeitung

Das Zeichnen und später auch Entwickeln von eigenen Modellbauplänen ist selbst ein schönes und sehr anspruchvolles Hobby!

Besonders auch das Arbeiten mit Zeichenprogrammen für den PC kann dazu führen, dass man irgendwann das Bauen der Modelle selbst dann ganz „vergisst“!

Bordwände vor der Montage

Mit einem leistungsstarken PC lässt sich das gesamte Fotomaterial des Originals des in Arbeit befindlichen Modells, alle für eine Recherche nötigen Unterlagen sowie der gesamte bereits erstellte Zeichnungssatz überall hin mitnehmen und macht es selbst im Urlaub möglich „an seinem Modell weiterzuarbeiten“.

Oder als Monteur auf Montage abends im Hotel!

Schneller Baufortschritt

Aber auch die für ein Kartonmodell nötigen Abwicklungen lassen sich leicht „per Hand“ auf einem kleinen Zeichenbrett erstellen, das mit dem erforderlichen Zubehör in einen Aktenkoffer passt und dann ebenfalls überall hin mitgenommen werden kann.

Bauteile werden z. T. vor der Montage gestrichen

Um es ganz auf die Spitze zu treiben, für die, die ohne Frau oder Freundin (Mann oder Freund) unterwegs sind und sich oft in Hotels den Abend um die Ohren hauen müssen - in einem Aktenkoffer lässt sich auch leicht eine ganze Modellwerft mit allem Werkzeug für ein Kartonmodell verstauen, wenn man auf „Sektionsbau“ umsteigt und in „Modulen“ produziert.

Die „Endmontage“ findet dann zuhause statt.

Deutlich sichtbare Fortschritte schon nach kurzer Bauzeit

Und am Ende die Frage: Wie lange hält so ein Karton – Standmodell? Der Käufer eines solchen Modells kann mit mindestens 50 Jahren Lebensdauer rechnen wenn das Modell unter einem Glassturz steht und nicht der prallen Sonne ständig ausgesetzt ist.

So alt ist eines der Modelle des Autors und es ist noch in dem selben Zustand wie damals!

Sechs Wochen nach Baubeginn

Es geht zügig voran. Restarbeiten und die Herstellung vieler Kleinteile wie Ladewinden, Niedergänge, Sonnensegellatten usw. stehen noch an.

Das Kartonmodell des MS. POLLUX, im M. 1:100, ist 81 cm lang, es ist ein „Tischmodell“ bzw. Wasserlinienmodell und soll nur Anschauungszwecken dienen. (Die Träume des Autors beflügeln, zurück in seine Jugendzeit an Bord dieses Schiffes).

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