Aktualisiert 01.06.2009

Modell des amerikanischen Schoners HARVEY von 1847

Heinz Suchhardt

Ein später sogenannter BALTIMORE-Clipper der seinen Ursprung aus dem Typ der BERBICE von 1789/1796 nicht leugnen kann. Nach Takelung und Bauweise ein Glattdeck-Toppsegelschoner aus der "Blütezeit" der Baltimore-Klipper 1835 bis 1850.


Vorwort.

1999 ist im Logbuch- der Zeitschrift für Schiffsbaugeschichte und Schiffsmodellbau - des Arbeitskreises Historischer Schiffbau E.V. ein Sonderheft veröffentlicht worden mit dem Titel:
"Seiner Majestät bewaffneter Schoner BERBICE 1789/96 ein früher Baltimore-Klipper"

Vom Mitglied K.H. MARQUARDT, Australien wird im Sonderheft sehr ausführlich die amerikanische historische Weiterentwicklung der Schoner beschrieben und eine Rekonstruktion der BERBICE in vielen Plänen vorgestellt.
Die Arbeitskreismitglieder wurden aufgefordert, einen Nachbau des frühen Baltimore Klippers zu erstellen
und zu präsentieren.
Da kein Nachbau vorgestellt worden ist, möchte ich in diesem Beitrag das früher gebaute Modell des späten Baltimore Klippers HARVEY von 1847 vorstellen, das schon 1979/80 also 2 Jahrzehnte vor dem Sonderheft entstanden ist.

Die Übereinstimmung der wesentlichen Baumerkmale, der Takelung und Bewaffnung der beiden Schnell-Segler nach 51 Jahren Bauabstand ist erstaunlicherweise so groß, das hier auf eine zeichnerische Darstellung des späteren Schoners HARVEY verzichtet werden kann.
An Hand der hier vorgestellten Fotos kann der Fachmann die Neuerungen wie Glattdeck, Handwinden, Spill, Klosetts, Kompasshaus, Pumpen, Ankerketten mit den Plänen des frühen Klippers vergleichend studieren.
Der Laie aber kann sicher auch ohne diesen technischen Hintergrund Gefallen am Historischen Schiffbau finden und sich allein von den Bildern verzaubern lassen - hoffe ich. Aso Ahoi......

Beschreibung des Modells HARVEY.

Ein kleines zweimastiges Schiff mit außerordentlich leichter Takelage und zwei leicht (7°) nach hinten geneigten Masten, von denen der hintere höher als der vordere ist und deren primäre Besegelung aus Gaffelsegeln (Längssegeln) besteht.
Auch dieses Schiff ist, wie die BERBICE mit acht Geschützen auf dem Glattdeck bewaffnet.
Der sehr flach gehaltene Bugspriet bildet zur Waagerechten einen Winkel von nur 10°, er ist mit Außen- und Innenklüver getakelt.
Das Modell hat einen vollgetakeltem Fockmast mit zwei Rahtoppsegeln (einfache Rahsegel) und einem großen Rahsegel das von der Rah bis auf das Deck reicht.
Das Fockgaffelsegel ist wegen der Darstellung eines Beladevorganges nicht gesetzt.
Der Großmast ist vollgaffelgetakelt.

Das Modell ist im Maßstab 1:50 gebaut, es hat herausnehmbare Decksteile um Einsicht in die ausgebauten und beleuchteten Innenräume zu ermöglichen.
Das voll funktionsfähige laufende Gut und die Segel befinden sich im gerefften Zustand für den Ladevorgang.
Alle Einrichtungen wie Spill, Pumpen, Klosetts, Ruder, Kompassschrank, Kettenspill für Ankerung, Türen und Möbel sind voll funktionsfähig gestaltet

Maße: im. Original 1:1. Maßstab.1 : 50
Länge über alles 46m 92cm
Länge zwischen den Loten (Bug und Heck) 32m 64cm
Höhe 33,5m 67cm
größte Breite 8,5m 17cm
Seitenhöhe (Rumpf von Oberkante Kiel bis Oberkante Deck) 3,15m 6,3cm
Segelfläche 550qm
Ladekapazität 400t
maximale Geschwindigkeit 8 Knoten

Exkurs zur Historie.

Die "Schonertakelung" wurde von Peregrine OSBORNE erfunden und 1695 erstmalig auf der britisch königlichen Jacht ROYAL TRANSPORT und weiteren Jachten angewendet.

Die Weiterentwicklung wurde 1713 im nordamerikanischen Gloucester durch den Schiffsbauer A.ROBINSON eingeleitet.
Die Segeleigenschaften, insbesondere Kursstabilität, Abdrift und Schnelligkeit, wurden wirkungsvoll durch den im Verhältnis zur Schiffslänge bis dahin ungewöhnlich großen Tiefgang bei besonders schlanken Schiffslinien sorgfältigster Formgebung beeinflußt.

Ab 1830 wurde der von den Schiffsbauern der nordamerikanischen Chesapeake Bay entwickelte BALTIMORE-Schoner weltberühmt. Seine besonderen Merkmale waren neben der einfachen Segelhandhabung bei reduzierter Segelmannschaft auch seine große Manövrierfähigkeit und Wendigkeit.
Die Weiterentwicklung der Schiffskörperformen war für den damaligen Entwicklungsstand revolutionär und richtungweisend. Durch die weit überragenden Vor- und Achtersteven wurde die nutzbare Deckslänge bedeutend vergrößert, das Schiff erhielt einen Kielfall und somit einen größeren achteren Tiefgang mit nach hinten verschobenen Mittelpunkt der Lateralplanfläche (der Projektionsfläche des Unterwasserschiffes) zur besseren Übereinstimmung mit dem Segelmittelpunkt sowie eine starke Aufkimmung im Mittelschiffsbereich mit entsprechend veränderten, mehr V-förmigen Spantquerschnitten statt der bis dahin meistens bevorzugten Rund- und U-Spanten.

Dank seiner vorzüglichen Eigenschaften und der geringen Bedienungsmannschaft wurde der BALTIMORE-Schoner bald auf allen Meeren zu einem beliebten Schnellsegler für wertvolle oder leicht verderbliche Frachten. Auch für den Passagiertransport als Küsten- und Hochseesegelschiff eignete er sich wegen seiner schnellen Einsatzfähigkeit und Anpassung an veränderte Witterungsbedingungen.
Berüchtigt waren einige Schoner, die von Opiumschmugglern, Sklavenjägern und Freibeutern benutzt wurden.



Bilder vom Modellbau "HARVEY 1847"


Gesamtansichten des Modellbaues.




Deck und lose Deckteile.


Das Glattdeck am Bug. Die Decksplanken sind mit Messingnägeln genagelt, die Plankenfugen sind kalfaktert.


Das Glattdeck Mittschiffs mit zwei Lenzpumpen, Wasserfässern, Ladeluke, und Luke zur Kombüse.
Acht Geschütze sind gefechtsbereit gezurrt.Die Kanonenkugeln sind an den Lukenrändern gelagert.
Die zwei Pulverkammern befinden sich hinter Eisentüren in der Kajüte.


Das Glattdeck am Heck mit Rudderpinne, Kompaßschrank,Spill, Kajütenbelüftungsluke, Kajütenniedergang.


Der Schiffsbug.

Der Bug mit Ankereinrichtungen. Die Kranbalken haben bewegliche Messingrollen.


Der flache Bugspriet hat nur 10 Grad Anstieg gegenüber der Waagerechten.


Bemerkenswert ist der Aufbau von zwei Klosetts auf dem Vordeck, damit konnte die Notdurft immer nach "Lee" verrichtet werden.
Mit den beiden Handwinden können die Ankerketten bewegt werden, sie gleiten dann durch die Schwerkraft in das Kabelgatt oder wieder heraus.
Ganz links im Bild ist der Backbord-Ankerkranarm zu erkennen.


Das Schiffsheck.

Bilder von der Ruderpinne und dem Heck.


Die Ruderpinne wird gezurrt


Das Achterdeck und der Heckspiegel.


Der Laderaum des Schiffes.

Ladevorgang bei geschlossenem losen Deckteil.


Einsicht in den Laderaum nach Heraunahme des losen Deckteils


Der Laderaum steuerbord zeigt den Niedergang und die Kombüse.
Zwischen den Pumpengats führt eine eiserne Luke in den Pumpensumpf.
An beiden Vollschotts befinden sich (beleuchtbare) Laternen mit Glastüren.
Am vorderen Laderaumschott befinden sich seitlich zwei Schlafkojen. Neben Vorratsschrank und Herd mit Ofenrohr ist links ein Essplatz eingerichtet.


Laderaum backbord


Das lose Deckteil mit zwei funktionsfähigen Lenzpumpen, Trinkwasserfässern, losen Grätings, Kombüsenabzugsrohr,
Lukenrahmen mit Kugeln für die Geschütze.


Das lose Deckteil in der Seitenansicht


Blick auf die Pumpen.


Die Kajüte.

Der Kajütenniedergang. Ein loses Deckteil enthält Spill, Entlüftungsluke, Niedergang mit Treppe, Pützenregal (Holzeimer).


Einblick in die enge Kajüte bei herausgenommenen Deckteil.
Die Backbordseite zeigt den Kartentisch mit Schubladen für Navigationsgeräte.
Rechts ein Wandschrank mit Schiebetür. Links die eiserne Luke zur Pulverkammer.
Im Achterschott sind zwei bewegliche Türen geöffnet, sie führen in einen Raum,der bugwärts durch das achtere Vollschott des Laderaumes begrenzt wird.
Auf dem Achterdeck ist der geöffnete Kompass-Schrank mit funktionfähigem Kompass, Lampe, Schubladen zu sehen.


Die offene Steuerbordseite der Kajüte zeigt rechts die zweite Pulverkammer.
Daneben befinden sich zwei Schlafkojen.
Der Wandschrank mit Schiebetür geht bis zum Achterschott des Laderaumes.


Das herausgenommene lose Deckteil der Kajüte.



Masten und Segel.

Der Hauptmast.


Blick auf die Masten.


Gereffte Fockmastsegel.


Der Fockmast von achtern gesehen


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